
Investiert man zu wenig in Führungsentwicklung, wird es teuer. Investiert man zu viel, auch!
Die falsche Dosis Führungsentwicklung zeigt sich jedoch nur indirekt: Wenn in Führung gespart wird, wird es an einer anderen Ecke teuer. Die Führungskräfte sagen nicht: “wir haben zu wenig Führungs Know How“, sondern z.B. “Wir finden keine fähigen Mitarbeitenden!”
Hier sind die wichtigsten Zusammenhänge zu erläutert, damit Führungsentwicklung systematisch und strategisch in der optimalen Dosis budgetiert werden kann.
Führung nach gesundem Menschenverstand – ein teures Missverständnis.
Viel zu oft wird der beste Mitarbeiter zum Vorgesetzten befördert. Das ist ungefähr gleich klug, wie den besten Schüler zum Lehrer zu befördern.
Solche Personen führen über das, was sie können: Ihre Expertise. Sie landen meistens in der Expertenfalle. Sie kompensieren die Schwächen ihrer Mitarbeitenden, weil sie nicht gelernt haben, schwierige Feedbacks zu geben. Und wundern sich dann über Resignation und andere Symptome von Mikromanagement. Wirksam führen verlangt fundamental andere Fähigkeiten als inhaltliches Arbeiten!
Was ist denn das Ziel von wirksamer Führung?
Wirksame Führung stärkt das Commitment der Mitarbeitenden. Denn nicht Mitarbeitende sind die wichtigste Ressource jedes Unternehmens, sondern: Committete Mitarbeitende! Commitment ist einfach zu spüren und einfach zu messen – aber recht herausfordernd zu stärken. Meistens geht es um Einbezug, Feedback, Klärung der Motivation. Wirksame Führungskräfte sind Meister darin, Brücken zu bauen zwischen den Bedürfnissen der Organisation und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden.
Woran erkennt man Bedarf für Führungsentwicklung?
Es gibt eine überschaubare Anzahl von Symptomen, die auf einen Mangel an Führungskompetenzen hinweisen. Sie alle haben einen gemeinsamen Nenner: Führungskräfte verlagern Probleme an andere Orte, anstatt sie zu lösen – weil der Blick fürs Ganze fehlt. Oft geschieht dies nicht aus böser Absicht, sondern aus mangelndem Wissen.
- Ich führe seit 30 Jahren!
Es gibt zwei Sorten Führungskräfte. Die einen wollen erklären, die anderen wollen lernen. Die einen nehmen Kritik rasch persönlich (und sich damit zu wichtig). Die anderen verstehen den Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung. Eine der wichtigsten Führungskompetenzen ist, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Führen ist kein Status, sondern eine Dienstleistung. Wer als Führungskraft alles löst, hält die Mitarbeitenden klein. Wirksame Führung hinterfragt sich laufend: Was kann ich verändern? Was kann ich lernen? Wo habe ich einen blinden Fleck? Ihr Ziel ist, sich selbst überflüssig zu machen. Das gibt den Mitarbeitenden Wachstumsperspektiven. - Lohnforderungen
Es ist im ureigensten Interesse jedes Unternehmens, Führungskräfte zu haben, welche die Psychologie der Vergütung durchschauen: Commitment kann man nicht kaufen! Viel zu viele Führungskräfte sind sich diesen Zusammenhängen, sowie ihrer Rolle zu wenig bewusst. Sie solidarisieren sich mit den Mitarbeitenden (“Ich möchte dir ja mehr Lohn geben, aber HR bockt!”) und verstärken damit die Lohnerwartungen der Mitarbeitenden. Für diese Fehlleistung werden sie vom Unternehmen noch bezahlt. Ihr Fokus: Sie wollen es gut haben mit Mitarbeitenden und vergessen die Bedürfnisse des Unternehmens.
Viele Topkader nehmen diese Phänomene als notwendiges Übel hin: Die Leute wollen halt immer mehr und ich muss der bad guy sein. Das ist weder gut noch nötig. Erstens hemmt dieser Unmut das Commitment. Zweitens ist diese Kompetenz lernbar. Diese Kuschelfalle lässt sich massiv entschärfen! Im Link ist erklärt, wie das geht. - Silofalle!
Unsere Kollegen der Abteilung XY verhalten sich ja schlimmer als die Konkurrenz! Der Spruch kommt oft. Und stimmt leider oft. Auslöser dafür sind Führungskräfte, die es als wichtigen Teil ihrer Aufgabe verstehen, die eigene Abteilung zu schützen. Selbst wenn Links und Rechts Chaos herrscht. Stark ausgeprägte Silos sind ein deutliches Symptom von einem Mangel an gemeinsamen Führungsverständnis. Die meisten Produkte und Dienstleistungen sind ein “Gesamtkunstwerk” verschiedener Abteilungen. - Miese Stimmung / Konflikte / Fluktuation
Die Menschen kommen wegen des Jobs und der Firma – Sie gehen wegen der Führungskraft. Natürlich sagen sie das nicht beim Austrittsgespräch, schliesslich wollen sie ein gutes Arbeitszeugnis.
Führung und Kultur sind zwei Seiten derselben Medaille (Schein). Zu oft herrschen naive Vorstellungen davon, was Kultur ist und wie man sie beeinflusst. Kultur gilt als Luxus, als “Gschpüürschmi-Fühlschmi” oder wird ans HR delegiert. Dabei wäre es simpel: Kultur ist geprägt vom schlimmsten Verhalten, welches Führung bereit ist zu tolerieren (Gruenter und Whitaker).
- Angstkultur
Einige Führungskräfte sind so bei sich selbst, dass sie gar nicht merken, was sie im Team auslösen. Sie wehren den Anfängen, vertrauen gut aber kontrollieren besser, wollen der Stärkere sein, der gewinnt. Mitarbeitende reagieren auf solchen Misstrauensvorschuss, was die Führungskräfte noch zusätzlich legitimiert, ein Regime von Kontrolle und Angst aufzuziehen. Glücklicherweise ist das nicht so häufig (oder aber man schafft es, Berater wie mich fernzuhalten). Wenn es jedoch passiert, ist der Leidensdruck hoch – auch jener der Organisation. Hier bedeutet Führungsentwicklung, Arbeit an der Grundhaltung.
Woran erkennt man eine Überdosis in der Führungsentwicklung?
- Parasiten
Hinweise, ob in absoluten Zahlen zu viel in Führungsentwicklung investiert wird, zeigt die untenstehende Darstellung. Seriöse Führungscoaches haben ein gutes Gespür dafür, wie viel die Führungskräfte absorbieren können und bremsen auch mal. (Denn sie haben den Fokus auf dem Kundennutzen und nicht auf der Profitmaximierung).
Manchmal werden Führungsaufgaben sogar an Führungscoaches delegiert. Sich einzunisten wie ein Parasit ist lukrativ für Coaches – und nicht nur teuer, sondern auch brandgefährlich für die Organisation. Coaches, die nicht von Anfang an auch den Abschluss thematisieren, ist zu misstrauen! Das Ziel von Coaches ist ein ähnliches wie bei der Führung: sich überflüssig zu machen. Nur so kann die Organisation wachsen.
- Ohne Top Management ist jede Minute eine Überdosis!
Sehr häufig und sehr teuer ist jedoch eine andere Form der Überdosis: Wenn Führungsentwicklung an HR und Coaches delegiert wird.
Das Top Management wirkt wie ein Multiplikator für alle Bestrebungen: Ist ihre Absicht, in wirksame Führung zu investieren, wirkt dies wie ein Magnet, das den Fokus der Führungskräfte ausrichtet und die Wirkung potenziert. Glänzen sie jedoch durch Abwesenheit, verpufft die Wirkung des ausgeklügeltsten Programmes.
Die Führungskräfte hören nicht, was das Top Management sagt. Sie schauen, was das Top Management tut. Das Top Management hat die Superkraft, Themen wichtig zu machen – oder eben auch nicht.
Die optimale Dosis
Natürlich ist jede Organisation anders. Doch in vielen Jahren Führungsentwicklung haben sich ein paar Kennwerte als sehr robust erwiesen.
Oft lässt sich relativ rasch abschätzen, in welchem Modus eine Organisation ist: Läuft es grundsätzlich gut und es braucht einfach ein paar frische Impulse? Oder ist es fünf vor zwölf und es braucht eine intensive Transformation? Die allermeisten Organisationen, die in Führung investieren wollen, sind irgendwo dazwischen: Zu viel Druck, um nichts zu tun, aber auch keine Krise. Die robusten Kennzahlen für diesen Fall lauten:
- rund zwei Tage Aufwand pro Führungskraft und Jahr
- rund 2000.- Kosten pro Führungskraft und Jahr
Macht man weniger, kommt man oft nicht über die Initialenergie heraus, und das System schwingt zurück in den Startzustand. Denn es braucht einiges an Überzeugungsarbeit, um Veränderungen anzustossen – gerade wenn es nicht fünf vor Zwölf ist. Mit rund zwei Tagen und 2000.- pro Führungskraft und Jahr lässt sich ein auf die konkrete Situation angepasstes Programm schnüren. Es beinhaltet typischerweise GL Workshops, um die Ziele definieren, stufengerechte Schulungen im Team komplementären 1:1 Coachings für individuellen Transfer, sowie die Evaluation, oft in Kaderworkshops verbunden mit Prozessreflexion – manchmal unter Einbezug von Mitarbeitenden.
Damit ist aufgezeigt: Führungsentwicklung ist nichts anderes als eine Investitionsentscheidung. Die Dividende ist ein höheres Commitment. Wenn die Dosis stimmt.
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